13.12.2013, 14:42
Immer wieder höre ich, dass wir nur aus uns heraus glücklich sein können. „Wir brauchen niemanden um glücklich sein zu können“. „Wir tragen es in uns drinnen“. „Dazu braucht es keiner weiteren Person“. Wirklich nicht?
Ich bezweifle das sehr stark. In einer Partnerschaft geht es um Ergänzung. Nicht um Einengung oder Unterdrückung. Aber leider ist dies in vielen Partnerschaften nicht der Fall. Gegenseitiges Verständnis und gegenseitige Anteilnahme beschränkt sich nur auf die eigene Sichtweise und reicht nicht hinüber zum Partner. Dadurch kann sich ein Partner unterdrückt fühlen. Er fühlt sich unglücklich und damit er das Unglück nicht spürt, fängt er an, Gefühle, Wünsche und Hoffnungen in den Partner hineinzuprojizieren, die der andere aber nicht erwidert.
Aber erst da beginnt eine Abhängigkeit. Mein Gefühlsleben und mein Glück hängen von diesem Zeitpunkt vom Partner ab. Man möchte sich nicht eingestehen, dass es unter Umständen nicht der richtige Partner ist. Man möchte sich nicht eingestehen, dass man vielleicht die „falsche“ Entscheidung getroffen hat. (Natürlich kann man in diesem Zusammenhang nicht von richtig oder falsch sprechen)
Eine Trennung ist immer schwierig und bedarf viel Mut und Fähigkeit zur Einsamkeit. Da recht schnell der Finger erhoben wird und der Kreislauf der Schuldzuweisungen findet dann nicht mehr im Verborgenen, im Geistigen statt, sondern diesmal werden sie ausgesprochen und physisch erlebt. Es finden Streitereien statt und wohlmöglich Trotzreaktionen, die dann dazu führen, dass man sich einredet, niemanden zu brauchen.
Ist das aber wirklich so? Ja und nein. Das Glück können wir einerseits nur in uns finden, aber es Bedarf meiner Meinung nach auch jemanden, um es zu teilen. Wir sind soziale Wesen und können uns nicht freimachen und unsere Gefühle in Isolationshaft nehmen. Gefühle wollen aus uns heraus in die Welt, sie wollen geteilt werden, erlebt werden.
„Treue zu sich selbst und Güte zu anderen“ soll Konfuzius schon gesagt haben.
Wir alle wollen Verständnis. Aber dies setzt meiner Meinung nach auch Demut voraus. Demut vor den Gefühlen anderer Menschen bzw. des Partners. Unser Handeln hat immer eine Historie und die gilt es zu erforschen, um gemeinsam Verständnis für einander aufbringen zu können und dann kommen wir zu dem Punkt, an dem eine Ergänzung erfolgt.
Ich darf meine Gefühle erleben und ausleben und mein Partner führt sie fort. Das muss das Ziel einer jeden Partnerschaft sein. Ich darf ein eigenständiger Mensch sein und bleiben.
Ich werde durch meinen Partner ergänzt und ergänze ihn wiederum. Verständnis ist für mich ein Kreis. Beide bewegen sich auf derselben Kreisbahn, mal treffen sie sich, mal stehen sie sich gegenüber. Aber egal wie man sich bewegt, man bleibt immer in Verbindung, da man um einen gemeinsamen Mittelpunkt kreist. Dieser Mittelpunkt stellt die Ergänzung dar. Es ist die gemeinsame Schnittmenge der erlebten und gelebten Demut vor den Gefühlen des Partners.
Und ich glaube fest daran, dass je länger solch eine Beziehung dauert, die Schnittmenge mit immer mehr Liebe gefüllt wird und diese Liebe dann frei von Egoismen oder Unterdrückung ist. Diese Liebe ist pure Energie für einander und bedeutet eine der schönsten Gefühle auf der Welt: Vervollständigung durch und mit dem Partner.
Es kommt mir ein weiterer Gedanke in den Sinn. Die bedingungslose Mutterliebe. Eine gute Mutter liebt ihr Kind so wie es ist. Einfach weil es da ist, ohne eine notwendige Vorbedingung. Dann wird das Kind auch seine Mutter ohne Bedingungen lieben. Es ist ein Band zwischen ihnen, das niemand zu durchtrennen vermag. Die gemeinsame Schnittmenge ist reine Liebe. Eine Liebe die aus sich herauskommt, die deshalb auch für sich alleine stehen kann. Ohne jemals in eine Abhängigkeit zu geraten. Vielmehr erfahre ich durch die Liebe meines Kindes Vervollständigung ohne Abhängig zu sein. Mutter und Kind könnten wie Antipoden auf der Welt leben, trotzdem sind sie miteinander verbunden. Untrennbar und bis in Ewigkeit.
Vielleicht sollten wir in einer Partnerschaft uns annehmen wie Mutter und Kind. Uns dieselbe Liebe geben, ohne jedoch zu vergessen, dass man Mann und Frau ist.
Möglicherweise entsteht dann doch so etwas wie Dualität / Seelenverwandtschaft, nämlich dann, wenn man nicht mehr ohne den Partner sein kann. Nicht mehr ohne seine Nähe, seine Berührungen, seine Absurditäten, weil er einen einfach ergänzt und vervollständigt.