03.09.2011, 16:27
Begochiddy, das Kind der Sonne, das weder Mann noch Frau war, machte vier Berge in dieser Welt. Einen im Osten, einen im Süden, je einen im Westen und einen im Norden. Viele Geschichten werden von dieser ersten Welt erzählt, doch eigentlich wissen wir nur, dass dort irgend etwas nicht in Ordnung war.
Begochiddy wies Ersten Mann an, alle Dinge aus der ersten Welt zusammenzupacken, dann versammelten sich alle Menschen auf dem gewaltigen Berg, den Begochiddy im Zentrum dieser Welt erschaffen hatte. Dort pflanzte Begochiddy das große Schilfrohr, und als es emporwuchs, konnte das Volk in seinem hohlen Inneren in die zweite Welt hinaufklettern.
In der zweiten Welt erschuf Begochiddy Pflanzen. Eine Zeitlang waren alle glücklich, doch dann stimmte wieder etwas nicht. Wieder pflanzte Begochiddy das große Schilfrohr und befahl Erstem Mann und all den anderen, all diese Dinge aus der ersten Welt darin zu verstauen., und als es wuchs, trug es sie alle in die dritte Welt hinauf.
In diese Welt brachte Begochiddy Wasser, Vögel und Tiere, Bäume und den Blitz. Obgleich es keine Sonne gab, war es doch hell. Zunächst ging alles gut, doch dann fingen die Menschen an, sich zu streiten, und dies trug Krankheit und Unbehagen in die Welt. Schließlich warnte Begochiddy sie, dass die dritte Welt, wenn es noch mehr Ärger gäbe, durch eine Sintflut zerstört werden würde. Bald schon stieg der Wasserpegel, doch Begochiddy hatte Mitleid mit den Menschen und pflanzte erneut ein großes Schilfrohr. Doch diesmal hörte das große Schilfrohr auf zu wachsen, bevor es die vierte Welt erreichte. Begochiddy gelang es, hinaufzuklettern und festzustellen, dass in dieser Welt bereits andere mächtige Wesen lebten. Mit deren Hilfe bereitete er sie für sein Volk vor, aber dennoch war es nicht dazu in der Lage, in die vierte Welt aufzusteigen.
Begochiddy fing an zu suchen. Schließlich fand er, versteckt im Fell des Kojoten, ein Wasserbaby. Begochiddy zwang den Kojoten, das Wasserbaby an den rechtmäßigen Ort in der dritten Welt zurückkehren zu lassen, und so konnte das große Schilfrohr doch noch weiterwachsen, und das Volk gelangte in die vierte Welt, wo es bis zum heutigen Tag lebt.“
Eine Schöpfungsgeschichte der Navajo
Aus: Namua Rahesha, „Der Kreis und die Schlange“, Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1998
Eine kleine Interpretation von mir:
Die erste Welt ist das Mineralreich. Dann steigen die Menschen in die zweite Welt auf, in das Reich der Pflanzen. Auch dort bleiben sie nicht stehen. Sie steigen weiter auf in die dritte Welt, in der es auch Tiere gibt, Wasser und den Blitz, also in das tierische Reich. Aber auch dort entsteht Unfrieden. Begochiddy droht ihnen mit einer Sintflut (!), doch er erbarmt sich der Menschen und kümmert sich um den Aufstieg in die vierte Welt, - nicht ohne Schwierigkeiten, doch es gelingt!
In der vierten Welt, in der Welt des Verstandes, der Gedanken und der Vernunft, leben wir heute. Wir sind dort nicht allein, viele mächtige Wesen leben auch dort..
Wie geht es weiter? Es ist an der Zeit; die Fühler auszustrecken in die fünfte Welt, - in die Welt der Geistseele! Die fünfte Welt ist die Welt des geistigen Selbst, der Seele und der inneren Führung. In der Esoterik würde man sagen: die Verbindung zum höheren Selbst. Dafür müssen wir die vierte Welt, also die Welt des Verstandes oder auch die mentale Welt verlassen, und uns in die geistige Welt der Seele begeben. Kein einfacher Weg, doch viele von uns sind schon unterwegs..
Diese Geschichte ist nicht so "kosmisch", - und meine Interpretation erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Im Gegenteil: Ich würde mich freuen, wenn Ihr etwas dazu schreibt! Vielleicht eine andere Sichtweise, ein anderes Verstehen der Symbolik dieser alten Geschichte..