08.02.2012, 21:26
Helfen, Überzeugen und Missionieren
Immer wieder berichten Menschen mir, wie schwierig es nach dem Aufwachen für sie war, in ihren alten sozialen Strukturen zurecht zu kommen. Nicht selten ändern Erwachens-Erlebnisse die subjektive Realität und den Lebensstil sehr tiefgreifend. Vieles fühlt sich nicht mehr stimmig an, manche Spiele möchte man nicht mehr spielen, manche Gespräche nicht führen, manche Dinge nicht tun.
Alte Freundschaften, vielleicht sogar Partnerschaften, finden keinen gemeinsamen Berührungspunkt mehr, weil sich die subjektiven Wahrheiten so sehr unterscheiden. Wie geht man damit um, liebe Menschen in einer Realität 'verfangen' zu sehen, die aus der eigenen Sicht eine Illusion ist? Oder in Verhaltensweisen, die sich für uns unauthentisch anfühlen?
Im Überschwang der eigenen Befreiungs-Erlebnisse kann die Versuchung bestehen, andere Menschen 'aufzuwecken'. In meiner Wahrheit lohnt es sich, diesen Impuls zu hinterfragen.
Die Integrität der Seele
Auch wenn es vielleicht schmerzlich ist, hat jeder Mensch sein eigenes Tempo und findet seine eigene Wahrheit in seiner eigenen Zeit. Das kann bedeuten, dass manche Beziehungen uns für einige Zeit (oder auch für immer) nicht mehr dienen. "Sein lassen" kann dann auch "gehen lassen" bedeuten - oder selbst gehen. Wir können nicht wissen, ob unsere Wahrheit einer anderen Seele zu einem Zeitpunkt dient, welche Erfahrungen sie noch braucht und in welcher Zeit sie ihre 'Lektionen' lernen möchte.
Ich glaube nicht, dass es unsere Aufgabe ist, irgendjemandem unsereWahrheit zu erzählen. In meinem Wissen verstößt es sogar gegen "kosmische Gesetze". Wenn jemand einen Standpunkt von uns möchte, dann fragt er danach. Ansonsten ist es nicht nur eine Verletzung der Integrität, sondern auch sinnlos, jemanden von etwas überzeugen oder über etwas belehren zu wollen - es wird schlicht kein Gehör finden.
Das kann auf dem Weg in verschiedener Weise schwierig werden.
Predigen & Bekehren
Am Anfang haben viele einen Bekehrer-Trip, oft weil sie selbst so in Leidenschaft brennen, für das, was sich für sie zeigt, was sie erleben. Oft ist der Impuls ein wohlwollender, der auch anderen das Glück zugänglich machen will, dass man selbst erfährt. In anderen Fällen ist es mehr ein Verstandes-Spiel, das ein bestimmtes Konzept verbreiten möchte. Für mich heißt das, dass noch keine Erkenntnis des Herzens stattgefunden hat. Wenn ich etwas im Herzen als wahr erkenne, dann gibt es keine Notwendigkeit, jemanden von irgendwas zu überzeugen.
Heilung
Dann kann es sein, dass wir im Zuge unserer Entwicklung unser Leben an vielen Stellen neu ausrichten und Menschen, die uns nah sind davon irritiert werden und beginnen, ihr Zeug auf uns zu projizieren. Das kann schmerzlich sein, in meiner Erfahrung lag darin aber immer auch Heilung. Entweder weil der Konflikt mich einlud, eine tiefere Wahrheit über mich selbst zu erkennen, vielleicht alte Wunden anzuschauen, oder aber es brachte eine "Rekalibrierung" in Sachen Diplomatie und Mitgefühl. In jedem Fall dienten mir diese Begegnung als Spiegel, der mich klarer sehen ließ,
Die Wahrheit des Moments
Es kann eine Versuchung sein, unsere Wahrheit immer und überall zu verkünden - auch ohne das Bedürfnis zu bekehren oder überzeugen, einfach weil man glaubt, dies zur Selbstbefreiung zu benötigen. In meiner Realität gibt es aber neben unserer persönlichen Wahrheit auch eine "Wahrheit des Moments": Wenn zwei Menschen zusammenkommen und einander fühlen, entsteht ein "Drittes", ein gemeinsamer Raum, der seine eigene Wahrheit hat. Es benötigt Feingefühl, zu spüren, in welcher Wahrheit man den anderen treffen kann, was wirklich gesagt werden möchte - und wie es gesagt werden möchte.
Empathie
Eine weitere Schwierigkeit trat dann später auf dem Weg auf, als ich lernte, Energie wahrzunehmen. Es ist als würde man zwei Gespräche führen: eines mit der Seele und eines mit der Person. Man erlebt ein Gefühl, wo jemand in seiner Wahrheit ist, und wo er sich und andere belügt oder blinde Flecken hat.
Auch hier kann die Versuchung bestehen, den anderen darauf aufmerksam zu machen. Aber dazu haben wir oft vielleicht gar kein Recht. Wir helfen dem anderen auch nicht unbedingt, er wird sich oftmals vielmehr angegriffen fühlen und uns wegstoßen oder "zurückschlagen". Der andere hat das Recht, in Unwahrheit zu sein.
Die Kraft der Frage
Bei anderen sieht man Dinge oft sehr einfach - etwas, dass ich mir auch für mich selbst zu Herzen nehme und darum den Standpunkt anderer Menschen gerne anhöre. Deshalb kann es auch durchaus ein wahrer Impuls sein, mehr Wahrheit in eine Situation bringen zu wollen.
In solchen Fällen gibt es einen unschätzbaren Helfer: offene Fragen. Das sind Fragen, die man z.B. nicht mit "ja" oder "nein" beantworten kann, oder in sich schon manipulativ gestellt sind. Fragen, die den anderen einladen, mehr über seine eigene Wahrheit und seine Gefühle herauszufinden.
Ich denke, es steht uns nicht zu, anderen zu erzählen, was wir glauben, was wahr ist über (s)eine Situation - außer er bittet uns darum. Solches Wissen hat oft wenig Wert, da es nicht er-lebtes Wissen ist, sondern nur geborgtes. Es kann dann nützlich sein, wenn eine wirkliche Bereitschaft besteht, Dinge aus neuen Blickwinkeln zu betrachten, den eigenen Horizont zu erweitern - eine solche Bereitschaft erkennen wir eben daran, dass der andere uns nach einem Standpunkt fragt. Aber selbst dann sollte man vorsichtig sein: Es gibt Menschen, die es sich zur Angewohnheit gemacht haben, immer andere zu fragen und so in eine Abhängigkeit zu geraten, die niemandem dient.
In jedem Fall können offene Fragen helfen, selbstbestimmt und aus eigenem Erkennen zu einer tieferen Erkenntnis zu gelangen. Das Gegenüber kann dann frei entscheiden, wie tief er oder sie in der Untersuchung gehen möchte - und das sollten wir dann auch akzeptieren.
Demut
Wir wissen so wenig, haben so wenig Überblick. Alles was wir tun können, ist bei uns zu bleiben und den natürlichen Fluss zu unterstützen. Ich habe es kürzlich erlebt, wie eine Freundin mich nach über einem Jahr (!) anrief und mir sagte: "Weißt du David, diese eine Frage, die du mir den Abend gestellt hat, hat mich nie wieder losgelassen. Ich habe immer wieder darüber nachgedacht und heute kann ich es plötzlich sehen!"
Ich glaube fest daran, allen Seelen ihre Integrität zuzugestehen. Und mir selbst einzugestehen, dass ich nicht weiß, was für jemand anderes besser ist, wann er etwas zu verstehen hat, was für ihn die Wahrheit ist, die er gerade benötigt. Das zu erkennen ist Demut und ich glaube auch ein bisschen Weisheit.
Wenn wir wirklich Verantwortung für uns selbst übernommen haben, geschieht noch etwas anderes: Wir lassen auch allen anderen das Recht, für sich selbst verantwortlich zu sein. Wir müssen nicht mehr helfen, retten, belehren. Wir dürfen einfach lieben und sein lassen.
All das sind natürlich keine Regeln, und manchmal wird der Fluss uns andere Impulse geben. Zum Beispiel etwas in aller Deutlichkeit auszusprechen, den anderen zu konfrontieren. Trotzdem sind all dies Punkte, die mir sehr geholfen haben, andere mehr sein zu lassen und auf das zu hören, was wirklich passieren möchte.
Immer wieder berichten Menschen mir, wie schwierig es nach dem Aufwachen für sie war, in ihren alten sozialen Strukturen zurecht zu kommen. Nicht selten ändern Erwachens-Erlebnisse die subjektive Realität und den Lebensstil sehr tiefgreifend. Vieles fühlt sich nicht mehr stimmig an, manche Spiele möchte man nicht mehr spielen, manche Gespräche nicht führen, manche Dinge nicht tun.
Alte Freundschaften, vielleicht sogar Partnerschaften, finden keinen gemeinsamen Berührungspunkt mehr, weil sich die subjektiven Wahrheiten so sehr unterscheiden. Wie geht man damit um, liebe Menschen in einer Realität 'verfangen' zu sehen, die aus der eigenen Sicht eine Illusion ist? Oder in Verhaltensweisen, die sich für uns unauthentisch anfühlen?
Im Überschwang der eigenen Befreiungs-Erlebnisse kann die Versuchung bestehen, andere Menschen 'aufzuwecken'. In meiner Wahrheit lohnt es sich, diesen Impuls zu hinterfragen.
Die Integrität der Seele
Auch wenn es vielleicht schmerzlich ist, hat jeder Mensch sein eigenes Tempo und findet seine eigene Wahrheit in seiner eigenen Zeit. Das kann bedeuten, dass manche Beziehungen uns für einige Zeit (oder auch für immer) nicht mehr dienen. "Sein lassen" kann dann auch "gehen lassen" bedeuten - oder selbst gehen. Wir können nicht wissen, ob unsere Wahrheit einer anderen Seele zu einem Zeitpunkt dient, welche Erfahrungen sie noch braucht und in welcher Zeit sie ihre 'Lektionen' lernen möchte.
Ich glaube nicht, dass es unsere Aufgabe ist, irgendjemandem unsereWahrheit zu erzählen. In meinem Wissen verstößt es sogar gegen "kosmische Gesetze". Wenn jemand einen Standpunkt von uns möchte, dann fragt er danach. Ansonsten ist es nicht nur eine Verletzung der Integrität, sondern auch sinnlos, jemanden von etwas überzeugen oder über etwas belehren zu wollen - es wird schlicht kein Gehör finden.
Das kann auf dem Weg in verschiedener Weise schwierig werden.
Predigen & Bekehren
Am Anfang haben viele einen Bekehrer-Trip, oft weil sie selbst so in Leidenschaft brennen, für das, was sich für sie zeigt, was sie erleben. Oft ist der Impuls ein wohlwollender, der auch anderen das Glück zugänglich machen will, dass man selbst erfährt. In anderen Fällen ist es mehr ein Verstandes-Spiel, das ein bestimmtes Konzept verbreiten möchte. Für mich heißt das, dass noch keine Erkenntnis des Herzens stattgefunden hat. Wenn ich etwas im Herzen als wahr erkenne, dann gibt es keine Notwendigkeit, jemanden von irgendwas zu überzeugen.
Heilung
Dann kann es sein, dass wir im Zuge unserer Entwicklung unser Leben an vielen Stellen neu ausrichten und Menschen, die uns nah sind davon irritiert werden und beginnen, ihr Zeug auf uns zu projizieren. Das kann schmerzlich sein, in meiner Erfahrung lag darin aber immer auch Heilung. Entweder weil der Konflikt mich einlud, eine tiefere Wahrheit über mich selbst zu erkennen, vielleicht alte Wunden anzuschauen, oder aber es brachte eine "Rekalibrierung" in Sachen Diplomatie und Mitgefühl. In jedem Fall dienten mir diese Begegnung als Spiegel, der mich klarer sehen ließ,
Die Wahrheit des Moments
Es kann eine Versuchung sein, unsere Wahrheit immer und überall zu verkünden - auch ohne das Bedürfnis zu bekehren oder überzeugen, einfach weil man glaubt, dies zur Selbstbefreiung zu benötigen. In meiner Realität gibt es aber neben unserer persönlichen Wahrheit auch eine "Wahrheit des Moments": Wenn zwei Menschen zusammenkommen und einander fühlen, entsteht ein "Drittes", ein gemeinsamer Raum, der seine eigene Wahrheit hat. Es benötigt Feingefühl, zu spüren, in welcher Wahrheit man den anderen treffen kann, was wirklich gesagt werden möchte - und wie es gesagt werden möchte.
Empathie
Eine weitere Schwierigkeit trat dann später auf dem Weg auf, als ich lernte, Energie wahrzunehmen. Es ist als würde man zwei Gespräche führen: eines mit der Seele und eines mit der Person. Man erlebt ein Gefühl, wo jemand in seiner Wahrheit ist, und wo er sich und andere belügt oder blinde Flecken hat.
Auch hier kann die Versuchung bestehen, den anderen darauf aufmerksam zu machen. Aber dazu haben wir oft vielleicht gar kein Recht. Wir helfen dem anderen auch nicht unbedingt, er wird sich oftmals vielmehr angegriffen fühlen und uns wegstoßen oder "zurückschlagen". Der andere hat das Recht, in Unwahrheit zu sein.
Die Kraft der Frage
Bei anderen sieht man Dinge oft sehr einfach - etwas, dass ich mir auch für mich selbst zu Herzen nehme und darum den Standpunkt anderer Menschen gerne anhöre. Deshalb kann es auch durchaus ein wahrer Impuls sein, mehr Wahrheit in eine Situation bringen zu wollen.
In solchen Fällen gibt es einen unschätzbaren Helfer: offene Fragen. Das sind Fragen, die man z.B. nicht mit "ja" oder "nein" beantworten kann, oder in sich schon manipulativ gestellt sind. Fragen, die den anderen einladen, mehr über seine eigene Wahrheit und seine Gefühle herauszufinden.
Ich denke, es steht uns nicht zu, anderen zu erzählen, was wir glauben, was wahr ist über (s)eine Situation - außer er bittet uns darum. Solches Wissen hat oft wenig Wert, da es nicht er-lebtes Wissen ist, sondern nur geborgtes. Es kann dann nützlich sein, wenn eine wirkliche Bereitschaft besteht, Dinge aus neuen Blickwinkeln zu betrachten, den eigenen Horizont zu erweitern - eine solche Bereitschaft erkennen wir eben daran, dass der andere uns nach einem Standpunkt fragt. Aber selbst dann sollte man vorsichtig sein: Es gibt Menschen, die es sich zur Angewohnheit gemacht haben, immer andere zu fragen und so in eine Abhängigkeit zu geraten, die niemandem dient.
In jedem Fall können offene Fragen helfen, selbstbestimmt und aus eigenem Erkennen zu einer tieferen Erkenntnis zu gelangen. Das Gegenüber kann dann frei entscheiden, wie tief er oder sie in der Untersuchung gehen möchte - und das sollten wir dann auch akzeptieren.
Demut
Wir wissen so wenig, haben so wenig Überblick. Alles was wir tun können, ist bei uns zu bleiben und den natürlichen Fluss zu unterstützen. Ich habe es kürzlich erlebt, wie eine Freundin mich nach über einem Jahr (!) anrief und mir sagte: "Weißt du David, diese eine Frage, die du mir den Abend gestellt hat, hat mich nie wieder losgelassen. Ich habe immer wieder darüber nachgedacht und heute kann ich es plötzlich sehen!"
Ich glaube fest daran, allen Seelen ihre Integrität zuzugestehen. Und mir selbst einzugestehen, dass ich nicht weiß, was für jemand anderes besser ist, wann er etwas zu verstehen hat, was für ihn die Wahrheit ist, die er gerade benötigt. Das zu erkennen ist Demut und ich glaube auch ein bisschen Weisheit.
Wenn wir wirklich Verantwortung für uns selbst übernommen haben, geschieht noch etwas anderes: Wir lassen auch allen anderen das Recht, für sich selbst verantwortlich zu sein. Wir müssen nicht mehr helfen, retten, belehren. Wir dürfen einfach lieben und sein lassen.
All das sind natürlich keine Regeln, und manchmal wird der Fluss uns andere Impulse geben. Zum Beispiel etwas in aller Deutlichkeit auszusprechen, den anderen zu konfrontieren. Trotzdem sind all dies Punkte, die mir sehr geholfen haben, andere mehr sein zu lassen und auf das zu hören, was wirklich passieren möchte.
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