22.06.2012, 18:04
WIEDERVERKÖRPERUNG
EINE GEWOHNHEIT
DER NATUR
EINE GEWOHNHEIT
DER NATUR
DER MENSCH IST eine unsterbliche, spirituelle Monade,
die den Geist und den Körper als ein Vehikel benutzt,
um sich in der Welt zum Ausdruck zu bringen und Erfahrungen
zu sammeln. Viele neigen dazu, sich selbst als ein Produkt
einer materiellen Evolution zu betrachten. Dies ist eines der
größten Hindernisse im Leben, denn dadurch wird der spirituellen
Natur des Menschen wenig oder gar keine Beachtung
geschenkt und die Angst vor dem Tode verstärkt. Wie kann
jemand wirklich glücklich sein und das Leben sinnvoll finden,
wenn er daran glaubt, dass mit dem Tod alles aufhört? Wenn
wir davon ausgehen, dass die sinnlich wahrnehmbare Welt die
einzige Wirklichkeit ist, können wir die Tatsache des Fortbestehens
nach dem Tode niemals vor uns selbst beweisen.
Jemand, der sein gesamtes Leben in einem dunklen Kerker
verbringt, kann nicht beweisen, dass es eine Sonne gibt. Noch
weniger wird er einsehen, dass sein Leben in vielerlei Hinsicht
von dem unsichtbaren, aber nichtsdestoweniger alles erhaltenden
Leben der für ihn nicht wahrnehmbaren Sonne
abhängig ist.
Wir müssen uns aus den Kerkern des Materialismus
befreien und in das Sonnenlicht der spirituellen Wahrheit
treten. Dann werden wir in uns selbst die Kraft entwickeln
können, um uns vor uns selbst zu beweisen, dass der wirkliche,
innere Mensch – der essentielle Kern in jedem von uns –
immer existiert hat, unsterblich ist und ebenso wenig vernichtet
werden kann wie das grenzenlose Universum, von
welchem er ein untrennbarer Teil ist.
Weiterhin muss es auch eine befriedigende Erklärung für
die Ungerechtigkeiten geben, die das Leben in so großem
Maße zu beherrschen scheinen. Es gibt kaum jemanden, der
sich nicht dann und wann zurückgedrängt fühlt. Haben nicht
viele Menschen angeborene Begabungen, die in diesem
Leben keine Möglichkeit einer Entwicklung erfahren, und
Wünsche, die nicht in Erfüllung gehen können? Und werden
nicht auch viele mit einer Neigung zum Bösen geboren, ohne
dass sie die Möglichkeit bekommen, diese zu überwinden? Die
so deutliche Ungleichheit der Lebensmöglichkeiten ist ausreichend
genug, um das menschliche Herz zu verbittern und
seine moralische Kraft verkümmern zu lassen.
Es ist äußerst wichtig, dass der Mensch erkennt, welchen
Platz er im evolutionären Plan einnimmt. Er muss einen
besseren Einblick in das Ziel und die Bestimmung der
menschlichen Rasse gewinnen. Die Theosophie bringt den
Menschen in Beziehung zum Universum und zeigt, dass sein
persönliches Bewusstsein ein Strahl des universellen, kosmischen
Bewusstseins ist. Mit Nachdruck stellt sie fest, dass der
Mensch essentiell ein Bewußtseinszentrum ist und nicht nur
ein Körper, dem bei der Geburt auf die eine oder andere
Weise eine Seele zugefügt wurde. Auch sind wir nicht das zufällige
Produkt blinder, mechanischer Kräfte. Jeder Mensch
ist Teil eines lebenden, organischen Universums. Das Universum
selbst ist das Produkt der Evolution und trägt in sich
seinen eigenen, sich entwickelnden Lebensplan, in dem alles
enthalten ist – Atome, Menschen, Nebelhaufen, Welten,
Sonnensysteme und Galaxien – in einem großen Entwicklungsplan,
in dem das niedrigste Insekt wie das größte Genie
seinen Platz hat.
In einer winzigen Eichel ist die Geschichte von Generationen
von Eichen eingebettet. Als Reaktion auf die Einflüsse
der Natur entfaltet sich aus dem Herzen der Eichel ein mächtiger
Baum, der zum Ausdruck bringt, was die Eiche in ihrer
Evolution in einer ungeheuren Vergangenheit entwickelt hat.
Das gleiche gilt für den Menschen. In dem göttlichen
Bewusstsein, das die Quelle unseres persönlichen Lebens ist,
ist die Essenz einer ungeheuren Vergangenheit enthalten, die
sich über unvorstellbare Zeiten zurück erstreckt. Unser
Erscheinen als Mensch auf dieser Erde ist nur ein Akt im
großartigen Drama unserer Evolution.
Die menschliche Rasse ist auch keineswegs eine neue
Entwicklung der Natur. Der Mensch entstammt früheren
evolutionären Zyklen und nahm hier auf der Erde, die sein
gegenwärtiges Übungsfeld ist, wieder einen Körper an. Über-
dies muss angemerkt werden, dass all die Zeitalter hindurch
nicht immer wieder neue Seelen „erschaffen“ wurden. Die
Anzahl der sich entwickelnden Seelen auf dieser Erde, die unser
Vorstellungsvermögen bei weitem übertrifft, ist festgelegt
und stets gleich bleibend. Das bedeutet, dass alle Menschen als
evolvierende Egos, in Übereinstimmung mit der Ökonomie
der Natur, immer wieder auf der Erde wiedergeboren
werden. Wir alle, die unsere heutige Zivilisation bilden, sind
zuvor bereits viele Male hier gewesen. Wir waren die Männer
und Frauen, welche die großen Kulturen der Vergangenheit
formten und wir waren auch in den vielen großartigen vorgeschichtlichen
Rassen* verkörpert, worüber H. P. Blavatsky in
ihrer Geheimlehre berichtet.
Die Theosophie geht deshalb von der Präexistenz als
einem notwendigen Aspekt der Ewigkeit, etwas, das einen
Anfang hat, muss notwendigerweise auch ein Ende haben. Die
Natur macht das deutlich genug. Was wir Ewigkeit oder
Unsterblichkeit nennen, muss sich endlos erstrecken, sowohl
in die Vergangenheit als auch in die Zukunft. Das innerste
Selbst des Menschen ist ein unsterbliches Wesen – ein Gott –,
welches sich von Zeitalter zu Zeitalter in neue Körper oder
Vehikel kleidet, um darin alle Erfahrungen zu machen, die in
dem Universum, zu dem es gehört, möglich sind, und so das
Größtmögliche an Wachstum und Selbstausdruck zu
erreichen.
Dieses Wachstum und diese Evolution sind ohne Anfang
und ohne Ende. Alle Wesen haben daran teil, und sie machen
Gebrauch von jenen Körpern, die dem Stadium der Entwicklung,
in dem sie sich gerade in diesem Moment befinden, angepasst
sind. Wachstum vollzieht sich nicht in einer geraden,
aufstrebenden Linie, sondern in Kreisläufen, die von kurzer
Dauer und Umfang sein können, aber auch Perioden und
Gebiete umfassen, welche unser Vorstellungsvermögen überschreiten.
Diese Zyklen werden durch einen Beginn oder eine
Geburt gekennzeichnet, einen Aufstieg und Höhepunkt,
gefolgt von einem Niedergang und Ende oder Tod, denen
wiederum ein neuer Beginn nachfolgt, wonach sich alles
wiederholt. Jede Geburt ist darum eine Wiedergeburt und
jeder Tod eine Zeit der Ruhe, die einer neuen Lebensperiode
voranschreitet.
Dies gilt für alles, was lebt – Universen, Sonnensysteme,
Sonnen, Welten, Menschen, Tiere, Pflanzen, Zellen, Moleküle
und Atome. Sie alle kennen einen Anfang, gefolgt von
einer Periode geoffenbarter Existenz und einem Ende oder
„Tod“, welcher, nach einer Periode der Ruhe in ungeoffenbarter
Existenz, wieder durch einen neuen Anfang und eine
neue Periode der Existenz abgelöst wird. Das, was wir wahrnehmen
sind die Formen, die durch ein Bewußtseinszentrum
beseelt wurden, welches das eigentliche evolvierende Wesen
ist. Die Formen sind jedoch immer zusammengesetzt und
bestehen aus kleineren Leben mit einer eigenen Form, einem
eigenen Bewußtseinszentrum und einer eigenen Evolution.
Im Falle des Menschen denken wir an die Zellen, im Falle des
Universums an die zahllosen Himmelskörper, die zusammen
das äußere Universum bilden. So erkennen wir, dass die Natur
überall dem gleichen Muster folgt und dass das, was sich im
Großen ereignet, sich im Kleinen wiederholt.
Das menschliche Leben ist ein notwendiger und sehr
bedeutender Teil des kosmischen Entwicklungsplanes. Wiederverkörperung
ist eine Äußerung des universalen Lebensrhythmus,
das Wissen von dem Gewohnten in der Natur, das
wir überall wahrnehmen, wie beispielsweise bei Ebbe und
Flut, Tag und Nacht, Schlafen und Wachen, Leben und Tod,
den Jahreszeiten, dem Aufkommen und Verfall von Kulturen
usw. Beim Menschen bezeichnen wir den Prozess der Wiedergeburt
oder der Wiederverkörperung mit dem Ausdruck
Reinkarnation, was „wieder zu Fleisch werden“ bedeutet oder
abermals ein Gewand oder einen Körper von Fleisch anzunehmen.
Für die verschiedenen Formen der Wiederverkörperung
gibt es unterschiedliche Namen, die sich auf alle Wesen
vom höchsten bis zum niedrigsten beziehen, aber hier haben
wir es nur mit der Form zu tun, die den Menschen betrifft,
und diese wird Reinkarnation genannt. Es ist die periodische
Wiedergeburt des spirituellen Egos als Mensch auf der Erde.
Wir fragen uns natürlich, worauf der Zweck des Lebens
beruht, denn in dem heutigen Durcheinander von Theorien
und Auffassungen scheint es keinen klaren Hinweis auf das
Wie und das Warum unserer Anwesenheit auf der Erde zu
geben. Kurz gesagt, der Sinn des Lebens ist, das Sterbliche
zum Unsterblichen zu erheben. Oder, um die Idee etwas zu
erweitern, der unsterblichen, spirituellen Potenz im Kern des
menschlichen Wesens Zeit und Gelegenheit zu geben, sich zu
entwickeln, zu wachsen und sich zur Vollkommenheit zu entfalten.
Der persönliche Mensch, das gewöhnliche, alltägliche
Selbst, ist nicht unsterblich. Herr Müller und Frau Schmidt
sind keine unsterblichen Wesen. Sie sind nichts anderes als
Persönlichkeiten, und als solche reinkarnieren sie nicht. Sie
sind nur ein unvollkommenes Abbild der Bewußtheit dahinter,
und es ist dieses Bewußtsein, dieses Ego, das reinkarniert.
Wer hatte nicht auch schon einmal das Gefühl, daß das
Leben zu kurz ist, zu unzureichend, um alles das zum Ausdruck
zu bringen, was man an Inspiration und Fähigkeit in
seiner eigenen Natur fühlt. Wie oft hört man, daß jemand
sagt: „Nun, wo ich alt bin und der Tod naht, habe ich gerade
gelernt, wie ich leben sollte.“ Aber so grausam und verschwenderisch
arbeitet das Universum nicht. Allein die Tatsache,
daß wir intuitiv wissen, daß große Reserven an Kraft
und Möglichkeiten in uns schlummern, die nach Ausdruck
suchen, und das tiefe Verlangen in uns, das größere Selbst zu
entwickeln, es zu sein, zeugen täglich von dem wirklichen
Ziel, das die Natur uns bereitgestellt hat. Nur weil wir von
unserem begrenzten alltäglichen Bewußtsein derart beansprucht
werden, und nur in seltenen Augenblicken in dem
tiefen göttlichen Verlangen des größeren Wesens im Inneren
leben, sind wir uns der größeren Möglichkeiten, die das
Leben für uns bereithält, meistens nicht bewusst.
Wir sollten vor allem zuerst versuchen, zu erkennen, daß
wir in unserem innersten Wesen ein göttliches Bewußtsein,
ein göttliches Ego sind, und daß dieses Ego, das wir selbst
sind, schon immer existiert hat und niemals aufhören wird zu
sein und zu wachsen und sich zur Vollkommenheit hin zu entwickeln.
Wir sollten unser ganzes Wünschen und Bestreben
darauf richten, uns dieser Einheit mit dem göttlichen Ego bewusst
zu werden, und es in unserem täglichen Leben als eine
größere und tiefere Individualität als die unseres persönlichen
Bewusstseins zu offenbaren. Dann werden wir ein neues
Leben beginnen. Dann werden wir zu einem Schöpfer und
werden aus uns selbst unsere eigene unbegrenzte, göttliche
Bestimmung zum Vorschein bringen. Schließlich werden wir
selbstbewusst an dem wirklichen Ziel der Evolution mitarbeiten.
Nur durch die Reinkarnation kann der Mensch die Fülle
seines verborgenen Reichtums an Kraft und Fähigkeiten,
deren wir uns alle in gewissem Maße bewusst sind, zum
Ausdruck bringen, gebrauchen und vervollkommnen.
Durch die Reinkarnation ist der Mensch in der Lage, alle
Arten menschlicher Erfahrung zu durchlaufen, welche die
Erde bietet. Mit jedem neuen Leben gestaltet sich der Charakter
durch die Berührung mit der Umgebung vielseitiger.
Neue Kräfte und Fähigkeiten entfalten sich aus dem Inneren.
Durch das Leid, das wir durchleben, und das tatsächlich unser
bester Lehrmeister ist, werden Schwächen und Selbstsucht
überwunden, lernen wir unsere Begrenzungen zu erkennen
und zu überwinden. Jedes neue Leben offenbart uns eine weitere
Chance. Jeder Mensch bekommt auf diese Weise Zeit
und Gelegenheit, sich selbst erneut zu formen, und kann
durch Selbstbeherrschung und Wiedergutmachung des
Schadens, den er möglicherweise anrichtete, zu Besserem ger-
langen. Jemand, der beispielsweise keine Möglichkeit hatte,
seine musikalischen oder anderen Gaben zu entwickeln, weil
er in diesem Leben völlig von der Sorge um andere beansprucht
wurde, wird in einem folgenden Leben durch die
moralische Kraft, die durch das Pflichtbewusstsein erweckt
wurde, mehr Gelegenheit finden, seine bis dahin noch gesteigerte
Begabung zu entwickeln.
Wenn wir unsere Möglichkeiten also gut wahrnehmen,
werden wir von Leben zu Leben beständig wachsen, bis in
einer zukünftigen Inkarnation auf dieser Erde der Charakter
zum göttlichen Genius erblühen wird und wir in der Fülle unseres
wahren spirituellen Seins leben und arbeiten werden.
um sich in der Welt zum Ausdruck zu bringen und Erfahrungen
zu sammeln. Viele neigen dazu, sich selbst als ein Produkt
einer materiellen Evolution zu betrachten. Dies ist eines der
größten Hindernisse im Leben, denn dadurch wird der spirituellen
Natur des Menschen wenig oder gar keine Beachtung
geschenkt und die Angst vor dem Tode verstärkt. Wie kann
jemand wirklich glücklich sein und das Leben sinnvoll finden,
wenn er daran glaubt, dass mit dem Tod alles aufhört? Wenn
wir davon ausgehen, dass die sinnlich wahrnehmbare Welt die
einzige Wirklichkeit ist, können wir die Tatsache des Fortbestehens
nach dem Tode niemals vor uns selbst beweisen.
Jemand, der sein gesamtes Leben in einem dunklen Kerker
verbringt, kann nicht beweisen, dass es eine Sonne gibt. Noch
weniger wird er einsehen, dass sein Leben in vielerlei Hinsicht
von dem unsichtbaren, aber nichtsdestoweniger alles erhaltenden
Leben der für ihn nicht wahrnehmbaren Sonne
abhängig ist.
Wir müssen uns aus den Kerkern des Materialismus
befreien und in das Sonnenlicht der spirituellen Wahrheit
treten. Dann werden wir in uns selbst die Kraft entwickeln
können, um uns vor uns selbst zu beweisen, dass der wirkliche,
innere Mensch – der essentielle Kern in jedem von uns –
immer existiert hat, unsterblich ist und ebenso wenig vernichtet
werden kann wie das grenzenlose Universum, von
welchem er ein untrennbarer Teil ist.
Weiterhin muss es auch eine befriedigende Erklärung für
die Ungerechtigkeiten geben, die das Leben in so großem
Maße zu beherrschen scheinen. Es gibt kaum jemanden, der
sich nicht dann und wann zurückgedrängt fühlt. Haben nicht
viele Menschen angeborene Begabungen, die in diesem
Leben keine Möglichkeit einer Entwicklung erfahren, und
Wünsche, die nicht in Erfüllung gehen können? Und werden
nicht auch viele mit einer Neigung zum Bösen geboren, ohne
dass sie die Möglichkeit bekommen, diese zu überwinden? Die
so deutliche Ungleichheit der Lebensmöglichkeiten ist ausreichend
genug, um das menschliche Herz zu verbittern und
seine moralische Kraft verkümmern zu lassen.
Es ist äußerst wichtig, dass der Mensch erkennt, welchen
Platz er im evolutionären Plan einnimmt. Er muss einen
besseren Einblick in das Ziel und die Bestimmung der
menschlichen Rasse gewinnen. Die Theosophie bringt den
Menschen in Beziehung zum Universum und zeigt, dass sein
persönliches Bewusstsein ein Strahl des universellen, kosmischen
Bewusstseins ist. Mit Nachdruck stellt sie fest, dass der
Mensch essentiell ein Bewußtseinszentrum ist und nicht nur
ein Körper, dem bei der Geburt auf die eine oder andere
Weise eine Seele zugefügt wurde. Auch sind wir nicht das zufällige
Produkt blinder, mechanischer Kräfte. Jeder Mensch
ist Teil eines lebenden, organischen Universums. Das Universum
selbst ist das Produkt der Evolution und trägt in sich
seinen eigenen, sich entwickelnden Lebensplan, in dem alles
enthalten ist – Atome, Menschen, Nebelhaufen, Welten,
Sonnensysteme und Galaxien – in einem großen Entwicklungsplan,
in dem das niedrigste Insekt wie das größte Genie
seinen Platz hat.
In einer winzigen Eichel ist die Geschichte von Generationen
von Eichen eingebettet. Als Reaktion auf die Einflüsse
der Natur entfaltet sich aus dem Herzen der Eichel ein mächtiger
Baum, der zum Ausdruck bringt, was die Eiche in ihrer
Evolution in einer ungeheuren Vergangenheit entwickelt hat.
Das gleiche gilt für den Menschen. In dem göttlichen
Bewusstsein, das die Quelle unseres persönlichen Lebens ist,
ist die Essenz einer ungeheuren Vergangenheit enthalten, die
sich über unvorstellbare Zeiten zurück erstreckt. Unser
Erscheinen als Mensch auf dieser Erde ist nur ein Akt im
großartigen Drama unserer Evolution.
Die menschliche Rasse ist auch keineswegs eine neue
Entwicklung der Natur. Der Mensch entstammt früheren
evolutionären Zyklen und nahm hier auf der Erde, die sein
gegenwärtiges Übungsfeld ist, wieder einen Körper an. Über-
dies muss angemerkt werden, dass all die Zeitalter hindurch
nicht immer wieder neue Seelen „erschaffen“ wurden. Die
Anzahl der sich entwickelnden Seelen auf dieser Erde, die unser
Vorstellungsvermögen bei weitem übertrifft, ist festgelegt
und stets gleich bleibend. Das bedeutet, dass alle Menschen als
evolvierende Egos, in Übereinstimmung mit der Ökonomie
der Natur, immer wieder auf der Erde wiedergeboren
werden. Wir alle, die unsere heutige Zivilisation bilden, sind
zuvor bereits viele Male hier gewesen. Wir waren die Männer
und Frauen, welche die großen Kulturen der Vergangenheit
formten und wir waren auch in den vielen großartigen vorgeschichtlichen
Rassen* verkörpert, worüber H. P. Blavatsky in
ihrer Geheimlehre berichtet.
Die Theosophie geht deshalb von der Präexistenz als
einem notwendigen Aspekt der Ewigkeit, etwas, das einen
Anfang hat, muss notwendigerweise auch ein Ende haben. Die
Natur macht das deutlich genug. Was wir Ewigkeit oder
Unsterblichkeit nennen, muss sich endlos erstrecken, sowohl
in die Vergangenheit als auch in die Zukunft. Das innerste
Selbst des Menschen ist ein unsterbliches Wesen – ein Gott –,
welches sich von Zeitalter zu Zeitalter in neue Körper oder
Vehikel kleidet, um darin alle Erfahrungen zu machen, die in
dem Universum, zu dem es gehört, möglich sind, und so das
Größtmögliche an Wachstum und Selbstausdruck zu
erreichen.
Dieses Wachstum und diese Evolution sind ohne Anfang
und ohne Ende. Alle Wesen haben daran teil, und sie machen
Gebrauch von jenen Körpern, die dem Stadium der Entwicklung,
in dem sie sich gerade in diesem Moment befinden, angepasst
sind. Wachstum vollzieht sich nicht in einer geraden,
aufstrebenden Linie, sondern in Kreisläufen, die von kurzer
Dauer und Umfang sein können, aber auch Perioden und
Gebiete umfassen, welche unser Vorstellungsvermögen überschreiten.
Diese Zyklen werden durch einen Beginn oder eine
Geburt gekennzeichnet, einen Aufstieg und Höhepunkt,
gefolgt von einem Niedergang und Ende oder Tod, denen
wiederum ein neuer Beginn nachfolgt, wonach sich alles
wiederholt. Jede Geburt ist darum eine Wiedergeburt und
jeder Tod eine Zeit der Ruhe, die einer neuen Lebensperiode
voranschreitet.
Dies gilt für alles, was lebt – Universen, Sonnensysteme,
Sonnen, Welten, Menschen, Tiere, Pflanzen, Zellen, Moleküle
und Atome. Sie alle kennen einen Anfang, gefolgt von
einer Periode geoffenbarter Existenz und einem Ende oder
„Tod“, welcher, nach einer Periode der Ruhe in ungeoffenbarter
Existenz, wieder durch einen neuen Anfang und eine
neue Periode der Existenz abgelöst wird. Das, was wir wahrnehmen
sind die Formen, die durch ein Bewußtseinszentrum
beseelt wurden, welches das eigentliche evolvierende Wesen
ist. Die Formen sind jedoch immer zusammengesetzt und
bestehen aus kleineren Leben mit einer eigenen Form, einem
eigenen Bewußtseinszentrum und einer eigenen Evolution.
Im Falle des Menschen denken wir an die Zellen, im Falle des
Universums an die zahllosen Himmelskörper, die zusammen
das äußere Universum bilden. So erkennen wir, dass die Natur
überall dem gleichen Muster folgt und dass das, was sich im
Großen ereignet, sich im Kleinen wiederholt.
Das menschliche Leben ist ein notwendiger und sehr
bedeutender Teil des kosmischen Entwicklungsplanes. Wiederverkörperung
ist eine Äußerung des universalen Lebensrhythmus,
das Wissen von dem Gewohnten in der Natur, das
wir überall wahrnehmen, wie beispielsweise bei Ebbe und
Flut, Tag und Nacht, Schlafen und Wachen, Leben und Tod,
den Jahreszeiten, dem Aufkommen und Verfall von Kulturen
usw. Beim Menschen bezeichnen wir den Prozess der Wiedergeburt
oder der Wiederverkörperung mit dem Ausdruck
Reinkarnation, was „wieder zu Fleisch werden“ bedeutet oder
abermals ein Gewand oder einen Körper von Fleisch anzunehmen.
Für die verschiedenen Formen der Wiederverkörperung
gibt es unterschiedliche Namen, die sich auf alle Wesen
vom höchsten bis zum niedrigsten beziehen, aber hier haben
wir es nur mit der Form zu tun, die den Menschen betrifft,
und diese wird Reinkarnation genannt. Es ist die periodische
Wiedergeburt des spirituellen Egos als Mensch auf der Erde.
Wir fragen uns natürlich, worauf der Zweck des Lebens
beruht, denn in dem heutigen Durcheinander von Theorien
und Auffassungen scheint es keinen klaren Hinweis auf das
Wie und das Warum unserer Anwesenheit auf der Erde zu
geben. Kurz gesagt, der Sinn des Lebens ist, das Sterbliche
zum Unsterblichen zu erheben. Oder, um die Idee etwas zu
erweitern, der unsterblichen, spirituellen Potenz im Kern des
menschlichen Wesens Zeit und Gelegenheit zu geben, sich zu
entwickeln, zu wachsen und sich zur Vollkommenheit zu entfalten.
Der persönliche Mensch, das gewöhnliche, alltägliche
Selbst, ist nicht unsterblich. Herr Müller und Frau Schmidt
sind keine unsterblichen Wesen. Sie sind nichts anderes als
Persönlichkeiten, und als solche reinkarnieren sie nicht. Sie
sind nur ein unvollkommenes Abbild der Bewußtheit dahinter,
und es ist dieses Bewußtsein, dieses Ego, das reinkarniert.
Wer hatte nicht auch schon einmal das Gefühl, daß das
Leben zu kurz ist, zu unzureichend, um alles das zum Ausdruck
zu bringen, was man an Inspiration und Fähigkeit in
seiner eigenen Natur fühlt. Wie oft hört man, daß jemand
sagt: „Nun, wo ich alt bin und der Tod naht, habe ich gerade
gelernt, wie ich leben sollte.“ Aber so grausam und verschwenderisch
arbeitet das Universum nicht. Allein die Tatsache,
daß wir intuitiv wissen, daß große Reserven an Kraft
und Möglichkeiten in uns schlummern, die nach Ausdruck
suchen, und das tiefe Verlangen in uns, das größere Selbst zu
entwickeln, es zu sein, zeugen täglich von dem wirklichen
Ziel, das die Natur uns bereitgestellt hat. Nur weil wir von
unserem begrenzten alltäglichen Bewußtsein derart beansprucht
werden, und nur in seltenen Augenblicken in dem
tiefen göttlichen Verlangen des größeren Wesens im Inneren
leben, sind wir uns der größeren Möglichkeiten, die das
Leben für uns bereithält, meistens nicht bewusst.
Wir sollten vor allem zuerst versuchen, zu erkennen, daß
wir in unserem innersten Wesen ein göttliches Bewußtsein,
ein göttliches Ego sind, und daß dieses Ego, das wir selbst
sind, schon immer existiert hat und niemals aufhören wird zu
sein und zu wachsen und sich zur Vollkommenheit hin zu entwickeln.
Wir sollten unser ganzes Wünschen und Bestreben
darauf richten, uns dieser Einheit mit dem göttlichen Ego bewusst
zu werden, und es in unserem täglichen Leben als eine
größere und tiefere Individualität als die unseres persönlichen
Bewusstseins zu offenbaren. Dann werden wir ein neues
Leben beginnen. Dann werden wir zu einem Schöpfer und
werden aus uns selbst unsere eigene unbegrenzte, göttliche
Bestimmung zum Vorschein bringen. Schließlich werden wir
selbstbewusst an dem wirklichen Ziel der Evolution mitarbeiten.
Nur durch die Reinkarnation kann der Mensch die Fülle
seines verborgenen Reichtums an Kraft und Fähigkeiten,
deren wir uns alle in gewissem Maße bewusst sind, zum
Ausdruck bringen, gebrauchen und vervollkommnen.
Durch die Reinkarnation ist der Mensch in der Lage, alle
Arten menschlicher Erfahrung zu durchlaufen, welche die
Erde bietet. Mit jedem neuen Leben gestaltet sich der Charakter
durch die Berührung mit der Umgebung vielseitiger.
Neue Kräfte und Fähigkeiten entfalten sich aus dem Inneren.
Durch das Leid, das wir durchleben, und das tatsächlich unser
bester Lehrmeister ist, werden Schwächen und Selbstsucht
überwunden, lernen wir unsere Begrenzungen zu erkennen
und zu überwinden. Jedes neue Leben offenbart uns eine weitere
Chance. Jeder Mensch bekommt auf diese Weise Zeit
und Gelegenheit, sich selbst erneut zu formen, und kann
durch Selbstbeherrschung und Wiedergutmachung des
Schadens, den er möglicherweise anrichtete, zu Besserem ger-
langen. Jemand, der beispielsweise keine Möglichkeit hatte,
seine musikalischen oder anderen Gaben zu entwickeln, weil
er in diesem Leben völlig von der Sorge um andere beansprucht
wurde, wird in einem folgenden Leben durch die
moralische Kraft, die durch das Pflichtbewusstsein erweckt
wurde, mehr Gelegenheit finden, seine bis dahin noch gesteigerte
Begabung zu entwickeln.
Wenn wir unsere Möglichkeiten also gut wahrnehmen,
werden wir von Leben zu Leben beständig wachsen, bis in
einer zukünftigen Inkarnation auf dieser Erde der Charakter
zum göttlichen Genius erblühen wird und wir in der Fülle unseres
wahren spirituellen Seins leben und arbeiten werden.